Symbolische Abbildung eines Haustieres, das ein menschliches Spiegelbild hält, das die emotionale und psychologische Verbindung zwischen Tier und Mensch darstellt
Veröffentlicht am Juni 15, 2025

Viele glauben, ein Haustier sei vor allem zur Stressreduktion da. Die Wahrheit ist jedoch tiefgreifender: Ihr Tier ist ein unbestechlicher Spiegel Ihrer eigenen emotionalen Welt. Diese Beziehung konfrontiert Sie nicht nur mit oberflächlichen Gewohnheiten, sondern deckt unbewusste Ängste, verborgene Stärken und ungelöste Konflikte auf. Dieser Artikel zeigt, wie Sie diesen Spiegel nutzen können, um nicht nur ein besserer Halter, sondern auch ein bewussterer Mensch zu werden.

Haben Sie sich jemals gefragt, warum Ihr sonst so ruhiger Hund in Ihrer Gegenwart plötzlich nervös wird? Oder warum Ihre Katze ausgerechnet dann Ihre Nähe sucht, wenn Sie sich einsam fühlen? Wir neigen dazu, unsere Haustiere als einfache Begleiter zu betrachten, deren Hauptzweck es ist, uns Freude zu bereiten und Trost zu spenden. Die gängigen Ratschläge konzentrieren sich auf die offensichtlichen Vorteile: weniger Stress, mehr Bewegung, ein Mittel gegen die Einsamkeit. Doch diese Sichtweise kratzt nur an der Oberfläche einer weitaus komplexeren und transformativen Beziehung.

Was wäre, wenn die wahre Magie der Mensch-Tier-Beziehung nicht darin liegt, was Ihr Tier für Sie tut, sondern darin, was es Ihnen über sich selbst offenbart? Die Beziehung zu einem Tier ist ein ständiger, nonverbaler Dialog. Es reagiert nicht auf das, was Sie sagen, sondern auf das, was Sie fühlen. Es fungiert als eine Art emotionaler Resonanzkörper, der Ihre innere Verfassung ungeschönt zurückwirft. Dieser „Spiegel-Effekt“ ist der Schlüssel zu tiefgreifendem persönlichem Wachstum, denn er zwingt uns, ehrlich mit uns selbst zu sein.

Dieser Artikel führt Sie über die alltäglichen Aspekte der Tierhaltung hinaus. Wir werden die wissenschaftlichen Grundlagen der emotionalen Verbindung beleuchten, erforschen, wie die tägliche Verantwortung Ihren Charakter formt, und die psychologischen Fallstricke aufdecken, die einer harmonischen Beziehung im Wege stehen. Machen Sie sich bereit zu entdecken, dass Ihr Haustier nicht nur Ihr Freund ist, sondern vielleicht auch Ihr wichtigster Coach.

Um Ihnen eine klare Orientierung durch diese faszinierende Reise der Selbsterkenntnis zu geben, finden Sie hier eine Übersicht der Themen, die wir gemeinsam erkunden werden.

Die heilende Kraft der Tiere: Wissenschaftliche Beweise für die positiven Effekte auf unsere Psyche

Die beruhigende Anwesenheit eines Tieres ist mehr als nur ein Gefühl; sie ist ein biochemischer Prozess. Wenn Sie Ihr Haustier streicheln, passiert in Ihrem Gehirn etwas Bemerkenswertes: Die Produktion von Oxytocin, oft als „Bindungshormon“ bezeichnet, wird angeregt. Dieses Hormon ist fundamental für die Etablierung von Vertrauen und sozialer Nähe und senkt gleichzeitig den Spiegel des Stresshormons Cortisol. Es ist die wissenschaftliche Erklärung für das tiefe Gefühl der Verbundenheit und des Friedens, das Sie in der Nähe Ihres tierischen Begleiters empfinden. Diese Interaktion ist keine Einbahnstraße; auch das Tier profitiert von diesem Hormonschub, was die gegenseitige Bindung weiter festigt.

Doch die psychologischen Vorteile gehen weit über die reine Stressreduktion hinaus. Tiere agieren als mächtige soziale Katalysatoren. Sie durchbrechen die Mauern der Isolation, indem sie uns einen Grund geben, das Haus zu verlassen, mit anderen in Kontakt zu treten und Gespräche zu beginnen. Für Menschen, die mit sozialer Angst oder Einsamkeit kämpfen, kann ein Hund im Park oder eine Katze im Fenster zu einem Ankerpunkt für neue soziale Interaktionen werden. Sie bieten bedingungslose Akzeptanz, urteilen nicht und sind einfach präsent – eine Form der Unterstützung, die in menschlichen Beziehungen oft schwer zu finden ist.

Besonders faszinierend ist das Phänomen der emotionalen Co-Modulation. Forschungen zeigen, dass Mensch und Tier ihre physiologischen Zustände synchronisieren können. Eine Studie belegt, dass sich bei fast 70% der Hund-Mensch-Paare emotionale und physiologische Reaktionen synchronisieren. Ihr Herzschlag kann sich dem Ihres entspannten Hundes anpassen, und umgekehrt kann Ihre Anspannung sein Stresslevel erhöhen. Diese bioenergetische Synchronizität ist der ultimative Beweis dafür, dass die Verbindung zwischen Ihnen und Ihrem Tier auf einer tiefen, unbewussten Ebene stattfindet und weit über das hinausgeht, was wir bewusst wahrnehmen.

Mehr als nur Gassi gehen: Wie die tägliche Verantwortung für ein Tier Ihren Charakter stärkt

Die Entscheidung für ein Haustier ist die bewusste Übernahme einer langfristigen Verantwortung. Diese Verpflichtung geht weit über die Bereitstellung von Futter und Wasser hinaus und wird zu einem täglichen Training für wesentliche Charakterzüge. Die Routine, die ein Tier erfordert – sei es der morgendliche Spaziergang bei jedem Wetter, die pünktliche Fütterung oder die regelmäßige Fellpflege – zwingt uns, unsere eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und Prioritäten neu zu ordnen. Diese Struktur fördert Disziplin und Verlässlichkeit auf eine sehr greifbare Weise. Sie können nicht einfach „keine Lust“ haben, denn ein anderes Lebewesen ist vollständig von Ihnen abhängig.

Diese Abhängigkeit ist auch ein kraftvoller Lehrmeister für Empathie und Geduld. Wie der Psychologe Dr. Markus Becker treffend formuliert: „Die tägliche Verantwortung für ein Tier trainiert Empathie und fördert die Geduld, weil Tiere ihre eigenen Bedürfnisse und einen eigenwilligen Charakter haben.“ Ein Tier kommuniziert nonverbal; wir müssen lernen, seine subtilen Signale zu deuten, seine Bedürfnisse zu antizipieren und seine Grenzen zu respektieren. Dieser Prozess schult unsere Fähigkeit, uns in ein anderes Wesen hineinzuversetzen – eine Fähigkeit, die sich direkt auf unsere menschlichen Beziehungen überträgt. Wir lernen, zuzuhören, ohne zu urteilen, und zu akzeptieren, dass nicht alles unserer Kontrolle unterliegt.

Besonders in herausfordernden Zeiten, etwa wenn ein Tier krank wird, zeigt sich die charakterformende Kraft der Tierhaltung. Die Pflege eines kranken Tieres erfordert Resilienz, Problemlösungskompetenz und emotionale Stärke. Es ist kein Zufall, dass Umfragen zeigen, dass das Management solcher Herausforderungen die Problemlösefähigkeiten und die Resilienz der Halter verbessert. Die Konfrontation mit Krankheit und die Notwendigkeit, schwierige Entscheidungen zu treffen, stärken unsere emotionale Widerstandsfähigkeit und lehren uns, mit Unsicherheit und Widrigkeiten umzugehen. So wird die Verantwortung für ein Tier zu einem Weg der persönlichen Reifung.

Ihre Stimmung ist ansteckend: Wie Ihre Emotionen das Verhalten Ihres Tieres beeinflussen

Tiere sind Meister der nonverbalen Kommunikation und verfügen über eine erstaunliche Fähigkeit, unsere emotionalen Zustände wahrzunehmen, lange bevor wir sie selbst bewusst registrieren. Diese Übertragung geschieht auf einer subtilen, oft unsichtbaren Ebene. Eine wissenschaftliche Erklärung dafür liegt in der Wahrnehmung von Pheromonen. Wenn wir Stress, Angst oder Freude empfinden, verändert sich unsere Körperchemie, und wir setzen chemische Signale frei, die Tiere instinktiv aufnehmen. Ihr Hund oder Ihre Katze liest also nicht Ihre Gedanken, sondern Ihre biochemische Signatur. Deshalb kann Ihre innere Anspannung, selbst wenn Sie nach außen hin ruhig wirken, bei Ihrem Tier zu Unruhe oder Vermeidungsverhalten führen.

Diese emotionale Ansteckung ist ein zentraler Aspekt des Spiegel-Effekts. Ihr Tier reagiert nicht auf die Situation an sich, sondern auf Ihre emotionale Reaktion darauf. Ein lautes Geräusch mag Ihr Tier zunächst nicht beunruhigen, doch wenn es Ihre erschrockene Reaktion spürt – einen erhöhten Puls, eine schnelle Atmung –, wird es das Geräusch mit Gefahr assoziieren. Wie die Verhaltensforscherin Dr. Anna Schmidt betont: „Authentisches Verhalten stärkt die Bindung – Inkongruentes Verhalten kann besonders bei Tieren Stress verursachen.“ Wenn Ihre Körpersprache Gelassenheit signalisiert, während Ihr Inneres in Aufruhr ist, erzeugt diese Dissonanz Verwirrung und Stress bei Ihrem Tier. Es spürt, dass etwas nicht stimmt.

Das Bewusstsein für diese Dynamik eröffnet Ihnen jedoch eine kraftvolle Möglichkeit zur positiven Einflussnahme. Indem Sie lernen, Ihre eigenen Emotionen zu regulieren, können Sie aktiv eine Atmosphäre der Ruhe und Sicherheit für Ihr Tier schaffen. Techniken wie bewusste Atemübungen oder Achtsamkeitspraktiken vor der Interaktion mit Ihrem Tier können einen enormen Unterschied machen. Dieser sogenannte „Calm-Connect“-Effekt beruhigt nicht nur Ihr Tier, sondern stärkt auch Ihr eigenes emotionales Gleichgewicht. Sie lernen, dass Ihre innere Haltung eine direkte Auswirkung auf Ihre Umgebung hat – eine fundamentale Lektion für alle Lebensbereiche.

Ist es der Hund oder sind Sie es? Wie wir unbewusst unsere eigenen Probleme auf unsere Tiere projizieren

Einer der herausforderndsten, aber auch aufschlussreichsten Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung ist das Phänomen der Projektion. Wir neigen dazu, unsere eigenen ungelösten Konflikte, Ängste und unerfüllten Bedürfnisse unbewusst auf unsere Tiere zu übertragen und ihr Verhalten durch diese Brille zu interpretieren. Ein Hund, der ängstlich auf fremde Menschen reagiert, wird schnell als „problematisch“ abgestempelt. Doch oft ist seine Angst nur ein Echo der sozialen Unsicherheit seines Halters. Das Tier wird zur Projektionsfläche für unsere eigenen inneren Kämpfe.

Wie der Psychotherapeut Dr. Johannes Meier erklärt: „Unsere Tiere sind häufig Spiegel unserer unbewussten Ängste und Bedürfnisse – daher ist es wichtig, eigenes Verhalten zu reflektieren, um Projektionen zu erkennen.“ Wenn ein Halter beispielsweise ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle hat, könnte er das normale, explorative Verhalten seines Hundes als „Ungehorsam“ fehlinterpretieren. Wenn wir uns einsam fühlen, sehen wir in der Katze, die sich zurückzieht, möglicherweise eine „Zurückweisung“, obwohl sie einfach nur ihre Ruhe möchte. Diese Projektionen verhindern nicht nur, dass wir das Tier als das sehen, was es ist, sondern sie können auch zu Verhaltensproblemen führen, da unsere Reaktionen oft nicht zum tatsächlichen Verhalten des Tieres passen.

Die physiologische Verbindung zwischen Halter und Tier liefert den wissenschaftlichen Beweis für diese Dynamik. Studien zeigen eine positive Korrelation der Cortisolwerte, also der Stresshormonspiegel, bei Mensch-Tier-Paaren. Das bedeutet, Ihr Stress wird buchstäblich zu seinem Stress. Beobachten Sie das Verhalten Ihres Tieres als wertvolles Feedback. Wenn es Verhaltensweisen zeigt, die Sie stören oder beunruhigen, halten Sie inne und fragen Sie sich: Welches Gefühl löst das in mir aus? Wo in meinem eigenen Leben kenne ich dieses Gefühl? Ein Verhaltens-Tagebuch, in dem Sie die Reaktionen Ihres Tieres und Ihre eigenen parallelen Emotionen notieren, kann ein unschätzbares Werkzeug sein, um diese Projektionsmuster zu entlarven und die wahre Ursache des Problems zu finden – die oft bei Ihnen selbst liegt.

Warum Liebe allein nicht genug ist: Die psychologischen Hürden für ein glückliches Zusammenleben mit Tieren

Tiefe Zuneigung ist die Grundlage jeder guten Mensch-Tier-Beziehung, doch sie allein reicht nicht aus, um ein harmonisches Zusammenleben zu garantieren. Eine der größten psychologischen Hürden ist der sogenannte Anthropomorphismus – die Tendenz, Tieren menschliche Emotionen, Gedanken und Absichten zuzuschreiben. Wir interpretieren ein Schwanzwedeln als pures Glück oder ein Wegdrehen des Kopfes als Trotz, obwohl diese Verhaltensweisen in der tierischen Kommunikation eine völlig andere Bedeutung haben können. Diese Vermenschlichung entspringt oft unserer Liebe, führt aber zu Missverständnissen und Frustration auf beiden Seiten.

„Anthropomorphismus kann zu Verhaltensproblemen bei Tieren führen, weil menschliche Emotionen fälschlicherweise auf tierisches Verhalten übertragen werden.“

– Tierverhaltensforscher an der TU Dresden, Forschungsgruppe Mensch-Tier-Beziehung, TU Dresden

Wenn wir glauben, unser Hund würde aus „Schuldgefühl“ den Kopf senken, nachdem er etwas angestellt hat, übersehen wir, dass er wahrscheinlich nur auf unsere angespannte Körperhaltung reagiert. Diese Fehlinterpretationen können zu falschen Erziehungsmaßnahmen und einem Kreislauf aus Stress und Verwirrung führen. Eine Studie zeigt deutlich die Konsequenzen: Laut dieser berichten 45% der Tierhalter von Problemen durch anthropomorphes Verhalten. Ein glückliches Zusammenleben erfordert daher die Bereitschaft, die Sprache und die Perspektive des Tieres wirklich zu lernen und zu respektieren.

Eine weitere Hürde ist die Kluft zwischen Erwartung und Realität. Gerade nach einer Adoption erleben viele Halter eine Phase der Enttäuschung, wenn das Tier nicht sofort dem idealisierten Bild entspricht. Diese „Post-Adoptions-Dissonanz“ ist eine kritische Phase, in der die Beziehung auf die Probe gestellt wird. Das Tier ist vielleicht ängstlicher, lauter oder weniger verschmust als erhofft. Hier zeigt sich, ob unsere Liebe bedingungslos ist. Wahre Harmonie entsteht nicht, wenn das Tier unsere Erwartungen erfüllt, sondern wenn wir lernen, das Tier so zu akzeptieren, wie es ist, und uns auf seine einzigartige Persönlichkeit einlassen. Es geht darum, unsere idealisierten Vorstellungen loszulassen und eine authentische Beziehung aufzubauen.

Wenn Tierliebe erdrückt: So finden Sie die richtige Balance und vermeiden ein Burnout als Halter

Die tiefe emotionale Bindung zu einem Haustier ist eine Quelle großer Freude, doch sie birgt auch das Risiko einer emotionalen Überlastung. Insbesondere bei der Pflege von chronisch kranken, alten oder verhaltensauffälligen Tieren kann die aufopferungsvolle Liebe in ein Gefühl der Erschöpfung umschlagen – ein Phänomen, das als Halter-Burnout bekannt ist. Die ständige Sorge, die hohen Kosten und die emotionale Belastung können zu Symptomen führen, die einem beruflichen Burnout ähneln: emotionale Leere, Zynismus und das Gefühl, der Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein. Eine Umfrage unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Problems, indem sie zeigt, dass über 50% der Tierärzte und Tierhalter von Symptomen emotionaler Erschöpfung berichten.

Das Risiko für ein solches Burnout hängt stark von unserem eigenen psychologischen Profil ab. Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil neigen dazu, sich übermäßig Sorgen zu machen und die Bedürfnisse des Tieres über ihre eigenen zu stellen, was sie besonders anfällig macht. Es ist entscheidend zu erkennen, dass Selbstfürsorge kein Egoismus ist, sondern eine Voraussetzung dafür, ein guter und verlässlicher Partner für Ihr Tier sein zu können. Sie können sich nicht effektiv um ein anderes Lebewesen kümmern, wenn Ihre eigenen emotionalen und physischen Ressourcen erschöpft sind.

Der Schlüssel zur Vermeidung eines Burnouts liegt darin, eine gesunde Balance zwischen liebevoller Hingabe und notwendiger Selbstabgrenzung zu finden. Das bedeutet, realistische Erwartungen zu haben, sich nicht für alles verantwortlich zu fühlen und aktiv Unterstützung zu suchen. Der Austausch mit anderen Tierhaltern in ähnlichen Situationen kann enorm entlastend sein, da er das Gefühl der Isolation durchbricht. Letztendlich geht es darum, Mitgefühl für sich selbst zu praktizieren und zu akzeptieren, dass man nicht perfekt sein muss. Eine gesunde Beziehung basiert auf Geben und Nehmen – das gilt auch für die Beziehung zu Ihrem Tier.

Ihr Aktionsplan zur Burnout-Prävention als Tierhalter

  1. Grenzen definieren: Setzen Sie klare emotionale und finanzielle Grenzen in der Pflege, um eine Überforderung zu vermeiden.
  2. Selbstmitgefühl praktizieren: Erkennen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse an und sorgen Sie für regelmäßige Erholungsphasen ohne Schuldgefühle.
  3. Unterstützung suchen: Bauen Sie ein soziales Netzwerk mit anderen Tierhaltern oder Fachleuten auf, um sich auszutauschen und Lasten zu teilen.
  4. Kontrolle abgeben: Akzeptieren Sie, dass Sie nicht jeden Aspekt der Gesundheit oder des Verhaltens Ihres Tieres kontrollieren können.
  5. Positive Momente schaffen: Konzentrieren Sie sich bewusst auf die schönen und freudvollen Momente mit Ihrem Tier, um die emotionale Balance zu wahren.

Wenn ein Freund geht: Ein würdevoller Umgang mit der Trauer um ein geliebtes Haustier

Der Verlust eines Haustieres ist der Verlust eines Familienmitglieds. Der Schmerz, der damit einhergeht, ist tief und real, wird jedoch von der Gesellschaft oft nicht in vollem Umfang anerkannt. Dieses Phänomen wird in der Trauerforschung als „Disenfranchised Grief“ (nicht anerkannte Trauer) bezeichnet. Freunde, Kollegen oder sogar Familienmitglieder mögen mit gut gemeinten, aber verletzenden Phrasen wie „Es war doch nur ein Tier“ reagieren. Diese mangelnde soziale Anerkennung kann den Trauerprozess erheblich erschweren und bei den Betroffenen Gefühle von Scham und Isolation auslösen.

„Nicht anerkannte Trauer (‚Disenfranchised Grief‘) bei Haustierverlust ist oft ein unterschätztes Leid, das gesellschaftlich mehr Beachtung verdient.“

– Trauerforscherin Prof. Dr. Sabine Schmidt

Es ist von entscheidender Bedeutung, sich selbst die Erlaubnis zu geben, zu trauern und den Schmerz in seiner vollen Tiefe anzuerkennen. Ihre Gefühle sind gültig. Die Bindung, die Sie zu Ihrem Tier hatten, war einzigartig und unersetzlich. Ein würdevoller Umgang mit der Trauer bedeutet, diesem Verlust den Raum zu geben, den er verdient. Das Schaffen von Ritualen kann dabei eine heilsame Rolle spielen. Ob es sich um das Anzünden einer Kerze, das Anlegen eines Fotoalbums oder das Schreiben eines Abschiedsbriefes handelt – solche Rituale helfen, den Übergang zu markieren und die Erinnerung zu ehren.

Die Begleitung eines Tieres am Ende seines Lebens ist eine der tiefsten und schwierigsten Erfahrungen, die ein Halter machen kann. Doch gerade in diesem schmerzhaften Prozess liegt auch eine Chance für existentielles Wachstum. Eine qualitative Studie zeigt, dass diese Begleitung eine tiefere Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit fördert und die Wertschätzung für das Leben als Ganzes verstärkt. Der Abschied von einem geliebten Tier lehrt uns auf eindringliche Weise etwas über die Kostbarkeit der gemeinsamen Zeit und die Natur von bedingungsloser Liebe. Erlauben Sie sich, diesen Prozess bewusst zu durchleben, Unterstützung in Anspruch zu nehmen und die Erinnerung an Ihren Freund in Ehren zu halten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ihr Haustier ist ein Spiegel: Es reflektiert Ihre unbewussten Emotionen und Verhaltensmuster.
  • Wissenschaft belegt die Bindung: Oxytocin und die Synchronisation von Herzfrequenzen schaffen eine tiefe physiologische Verbindung.
  • Verantwortung formt den Charakter: Die tägliche Routine stärkt Disziplin, Empathie und Resilienz.
  • Achten Sie auf Projektionen: Verhaltensprobleme des Tieres haben ihre Wurzeln oft in ungelösten Themen des Halters.
  • Gesunde Grenzen sind entscheidend: Um ein Halter-Burnout zu vermeiden, ist Selbstfürsorge ebenso wichtig wie Tierliebe.

Mehr als nur ein Haustier: Die wahre Bedeutung einer artgerechten und harmonischen Beziehung

Am Ende dieser psychologischen Reise wird deutlich: Die Beziehung zu einem Haustier ist weit mehr als eine Quelle des Trostes oder der Freude. Sie ist eine tiefgreifende, transformative Erfahrung, die uns die Möglichkeit zur Selbsterkenntnis und zum persönlichen Wachstum bietet. Wenn wir bereit sind, über die reine Pflege hinauszuschauen und unser Tier als Spiegel anzuerkennen, beginnt eine Reise der emotionalen Reifung. Die bioenergetische Synchronizität, die sich in gemeinsamen Herzfrequenzen zeigt, ist der wissenschaftliche Beweis für eine Verbindung, die auf Ebenen stattfindet, die wir gerade erst zu verstehen beginnen.

Eine wirklich harmonische Beziehung basiert auf dem Willen, die Welt aus der Perspektive des Tieres zu sehen, seine Sprache zu lernen und seine Bedürfnisse zu respektieren, ohne sie zu vermenschlichen. Es geht darum, die eigenen Projektionen zu erkennen und die Verantwortung nicht nur für das Wohlergehen des Tieres, sondern auch für die eigene emotionale Gesundheit zu übernehmen. Wie die sozialpädagogische Expertin Andrea Beetz hervorhebt, lehrt uns die Tierhaltung Empathie, Verantwortung und ethische Entscheidungsfindung und trägt so zu unserer moralischen Entwicklung bei.

Die Liebe zu einem Tier fordert uns heraus, geduldiger, disziplinierter und einfühlsamer zu werden. Sie konfrontiert uns mit den Grenzen der Kontrolle, mit Verlust und Trauer, aber auch mit der unendlichen Kapazität für bedingungslose Zuneigung. Indem wir uns auf diese Beziehung einlassen, lernen wir nicht nur, wie man ein besserer Tierhalter wird, sondern auch, wie man ein bewussterer, reflektierterer und letztlich vollständigerer Mensch wird. Ihr Haustier gibt Ihnen die Chance, die beste Version Ihrer selbst zu entdecken – wenn Sie nur genau hinsehen.

Beginnen Sie noch heute damit, die Interaktionen mit Ihrem Tier bewusster zu beobachten und die Lektionen anzuwenden, um Ihre einzigartige Beziehung zu vertiefen und gemeinsam zu wachsen.

Geschrieben von Anja Weber, Anja Weber ist eine zertifizierte Tierpsychologin und Verhaltensberaterin mit einem Jahrzehnt Erfahrung in der Arbeit mit Hunden und Katzen aus dem Tierschutz. Ihre Spezialität ist die komplexe Mensch-Tier-Beziehung und die Heilung von Verhaltensproblemen durch Verständnis und Empathie.