Veröffentlicht am März 15, 2024

Die Entscheidung für ein Tier aus dem Tierschutz ist weit mehr als eine Rettungsaktion – es ist ein aktiver Beitrag zur Lösung einer systemischen Krise und ein Votum für ökologische Nachhaltigkeit.

  • Jede Adoption reduziert den individuellen „ökologischen Pfotenabdruck“ und entlastet die chronisch überfüllten Tierheime in Deutschland.
  • Sie durchbrechen den Kreislauf der kommerziellen Zucht und bekämpfen indirekt den oft grausamen, illegalen Welpenhandel.

Empfehlung: Betrachten Sie die Adoption nicht als zweite Wahl, sondern als die erste und logische Wahl für eine bewusste, verantwortungsvolle und gesellschaftlich relevante Tierhaltung.

Der Wunsch nach einem tierischen Begleiter ist tief in vielen von uns verwurzelt. Wir stellen uns Spaziergänge im Park vor, gemütliche Abende auf dem Sofa und eine bedingungslose Freundschaft. Schnell führt dieser Traum zur zentralen Frage: Woher soll das neue Familienmitglied kommen? Die Debatte scheint oft auf ein einfaches Gegensatzpaar reduziert: der makellose, vorhersagbare Welpe vom renommierten Züchter versus das „Überraschungspaket“ aus dem Tierheim. Diese Gegenüberstellung ist weitverbreitet, greift aber zu kurz und ignoriert die tiefere Wahrheit hinter der Adoptions-Entscheidung.

Aber was wäre, wenn diese Entscheidung keine rein private wäre? Was, wenn die Wahl zwischen Züchter und Tierheim eine tiefere, gesellschaftliche und sogar ökologische Dimension hat, die weit über die eigenen vier Wände hinausreicht? Die Adoption eines Tieres ist kein Almosen und kein Kompromiss. Sie ist ein bewusster, philosophischer und politischer Akt. Es ist eine Entscheidung, die nicht nur das Leben eines einzelnen Tieres verändert, sondern auch ein klares Statement gegen ein aus den Fugen geratenes System und für ein nachhaltigeres Miteinander von Mensch und Tier setzt. Es geht um mehr als Tierliebe; es geht um systemische Verantwortung.

Für alle, die die Hintergründe des kommerziellen Tierhandels besser verstehen wollen, bietet das folgende Video einen investigativen Einblick in die Mechanismen und Machenschaften, die oft im Verborgenen bleiben. Es zeigt eindrücklich, warum die Alternative aus dem Tierschutz so dringend notwendig ist.

Dieser Artikel führt Sie durch die vielschichtigen Argumente, die für eine Adoption aus dem Tierschutz sprechen. Wir werden die ökologischen, sozialen und persönlichen Aspekte beleuchten, um Ihnen eine fundierte Grundlage für eine der schönsten Entscheidungen Ihres Lebens zu geben.

Inhaltsverzeichnis: Eine bewusste Entscheidung für die Adoption

Der ökologische Pfotenabdruck: Die überraschende Umweltbilanz von Zuchttieren im Vergleich zu Tierschutztieren

In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Klimabewusstsein zentrale gesellschaftliche Werte sind, übersehen wir oft einen wesentlichen Faktor: den ökologischen Pfotenabdruck unserer Haustiere. Jedes neu gezüchtete Tier verbraucht von Geburt an Ressourcen für Futter, medizinische Versorgung und Ausstattung. Eine Adoption hingegen bedeutet, bereits vorhandene Ressourcen für ein bereits existierendes Tier zu nutzen. Anstatt die Nachfrage und damit die „Produktion“ weiterer Tiere zu befeuern, greifen Sie auf eine Ressource zurück, die bereits da ist und dringend ein Zuhause benötigt. Dies ist ein fundamentaler Akt der Nachhaltigkeit.

Die Dimensionen sind beträchtlich. Laut einer deutschen Studie können im Laufe eines durchschnittlichen Hundelebens durchschnittlich 8,2 Tonnen CO2-Emissionen entstehen. Diese Zahl verdeutlicht, dass die Haltung eines Haustieres eine relevante Umweltentscheidung ist. Die Adoption eines Tierschutz-Tieres erzeugt keinen neuen Bedarf, sondern verteilt die Verantwortung für ein bereits in der Welt seiendes Lebewesen um. Sie fügen dem System keine zusätzliche Belastung hinzu.

Vergleich des ökologischen Fußabdrucks zwischen Zuchttieren und adoptierten Tieren

Wie die obige Darstellung andeutet, liegt der größte Hebel in der Ressourcennutzung. Eine Berliner Forschungsgruppe hat berechnet, dass das Futter mit rund 90 Prozent den Löwenanteil der Umweltbelastungen ausmacht. Bei über 10 Millionen Hunden und 16 Millionen Katzen allein in Deutschland wird schnell klar, dass die Entscheidung gegen ein weiteres Zuchttier und für ein Tierheimtier ein direkter Beitrag zur Reduzierung des Gesamtverbrauchs ist. Es ist angewandter Umweltschutz im eigenen Zuhause.

Keine Angst vor dem Tierheim: So läuft eine seriöse Adoption wirklich ab

Das Wort „Tierheim“ ist für viele mit Vorurteilen behaftet: traurige Augen hinter Gittern, komplizierte Bürokratie und unkalkulierbare Risiken. Doch dieses Bild ist längst überholt. Seriöse Tierheime in Deutschland sind professionell geführte Einrichtungen, deren oberstes Ziel das Wohl der Tiere und eine erfolgreiche, dauerhafte Vermittlung ist. Der Adoptionsprozess ist nicht dazu da, Hürden aufzubauen, sondern um sicherzustellen, dass Tier und Mensch wirklich zueinander passen. Angesichts der Tatsache, dass laut Schätzungen jährlich rund 300.000 Tiere in deutschen Tierheimen auf ein Zuhause warten, ist dieser Prozess entscheidend für den Erfolg.

Der Weg zum neuen Familienmitglied ist transparent und nachvollziehbar gestaltet. Er dient dem Schutz des Tieres, aber auch dem Schutz des zukünftigen Halters vor einer falschen Entscheidung. Der Prozess mag auf den ersten Blick gründlich erscheinen, aber er ist der Schlüssel zu einer glücklichen, gemeinsamen Zukunft.

Ihr Fahrplan zur Adoption: Die Schritte zum neuen Glück

  1. Selbstauskunft ausfüllen: In einem Fragebogen machen Sie Angaben zu Ihrer Lebenssituation (Wohnung, Arbeitszeiten, Familie). Auf dieser Basis können die Mitarbeitenden einschätzen, welches Tier zu Ihnen passen könnte.
  2. Kennenlernen organisieren: Es folgen Treffen mit potenziellen Kandidaten. Bei Hunden bieten sich gemeinsame Spaziergänge an, bei Katzen kann man Zeit im Katzenhaus verbringen, um die Chemie zu testen.
  3. Vorkontrolle durchführen: Ein Mitarbeiter des Tierheims besucht Sie zu Hause. Hier geht es nicht um eine Inspektion, sondern darum, sicherzustellen, dass das neue Zuhause für das Tier sicher und geeignet ist.
  4. Schutzvertrag unterzeichnen: Sind alle Voraussetzungen erfüllt und beide Seiten überzeugt, wird ein Schutzvertrag unterzeichnet. Dieser regelt die Haltungsbedingungen und schützt das Tier vor Weiterverkauf oder Vernachlässigung.
  5. Nachsorge nutzen: Viele Tierheime stehen auch nach der Adoption mit Rat und Tat zur Seite, etwa bei Fragen zur Eingewöhnung oder bei Verhaltensauffälligkeiten. Sie werden nicht allein gelassen.

Ein oft diskutierter Punkt ist die Schutzgebühr. Diese ist kein Kaufpreis, sondern ein Beitrag zu den immensen Kosten, die dem Tierheim für Impfungen, Kastration, Futter und medizinische Versorgung entstanden sind. Wie die PETBOOK-Redaktion treffend zusammenfasst:

Für Tierschutzvereine stellt die Schutzgebühr neben Spenden eine der wichtigsten Einnahmequellen dar. Sie hilft den Tierschützern dabei, ihre wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllen zu können.

– PETBOOK Redaktion, PETBOOK – Was kostet es, Hund oder Katze aus dem Tierschutz zu adoptieren?

Ein Tier mit Vergangenheit: Die besonderen Herausforderungen und das unbezahlbare Glück bei der Adoption

Ein Tier aus dem Tierschutz bringt eine Geschichte mit. Diese Vergangenheit ist nicht immer bekannt, aber sie ist Teil seiner Identität. Ängste, Unsicherheiten oder bestimmte Verhaltensweisen können eine Herausforderung sein, doch sie sind kein unüberwindbares Hindernis. Vielmehr sind sie der Ausgangspunkt für eine der tiefsten und lohnendsten Beziehungen, die ein Mensch zu einem Tier aufbauen kann. Es geht um Geduld, Verständnis und die Bereitschaft, Vertrauen langsam wachsen zu lassen. Dieses gemeinsame Überwinden von Hürden schmiedet eine einzigartige und unzerbrechliche Bindung.

Eine hilfreiche Orientierung für die erste Zeit bietet die sogenannte 3-3-3-Regel. Sie basiert auf Erfahrungswerten von Tierschutzorganisationen und beschreibt die typischen Phasen der Eingewöhnung eines adoptierten Hundes. Sie ist keine exakte Wissenschaft, sondern ein Leitfaden, der hilft, die Erwartungen anzupassen und dem Tier die Zeit zu geben, die es braucht. Das Wissen um diese Phasen kann Unsicherheiten nehmen und den Prozess für beide Seiten erleichtern.

Die folgende Übersicht, basierend auf einer Analyse der 3-3-3-Regel, fasst die typischen Meilensteine der Eingewöhnung zusammen:

Die Phasen der Eingewöhnung nach der 3-3-3-Regel
Zeitraum Phase Verhaltensmerkmale Empfehlungen
Erste 3 Tage Orientierung Überwältigt, unsicher, appetitlos, sucht Verstecke Ruhige Atmosphäre schaffen, sicheren Rückzugsort anbieten, keine Erwartungen stellen
Erste 3 Wochen Erkundung Beginnt, die neue Umgebung zu erforschen, testet Grenzen, Routinen werden erkannt Feste Fütterungs- und Spazierzeiten etablieren, mit einfachem Training beginnen
Erste 3 Monate Vertrauen & Bindung Fühlt sich zugehörig, zeigt seine wahre Persönlichkeit, baut eine tiefere Bindung auf Training intensivieren, gemeinsame Aktivitäten fördern, die Beziehung festigen
Ängstlicher Tierschutzhund fasst langsam Vertrauen zu seinem neuen Menschen

Ja, ein Tier mit Vergangenheit mag mehr Geduld erfordern. Aber das Glück, zu erleben, wie ein verängstigtes Lebewesen aufblüht, Vertrauen fasst und seine Lebensfreude wiederfindet, ist eine Erfahrung von unschätzbarem Wert. Es ist der Beweis, dass Liebe und Sicherheit Wunden heilen können. Dieser Prozess ist keine Einbahnstraße; er lehrt uns Empathie, Geduld und die Fähigkeit, über uns selbst hinauszuwachsen.

Kein Platz für ein Tier? 5 wirksame Wege, wie Sie den Tierschutz trotzdem unterstützen können

Der Wunsch, zu helfen, ist groß, aber nicht jeder hat die Möglichkeit, ein Tier bei sich aufzunehmen. Ob aus beruflichen Gründen, wegen der Wohnsituation oder aus persönlichen Motiven – das ist kein Grund, sich ohnmächtig zu fühlen. Der Tierschutz ist ein riesiges Ökosystem, das auf vielfältige Unterstützung angewiesen ist. Ihre Hilfe kann auch ohne Adoption einen gewaltigen Unterschied machen und ist ein integraler Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung für heimatlose Tiere. Jede Form der Unterstützung entlastet die Tierheime und hilft, die systemische Krise zu bewältigen.

Ihre Fähigkeiten, Ihre Zeit oder Ihre finanziellen Mittel können genau dort ansetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Denken Sie über die Adoption hinaus und finden Sie die für Sie passende Form des Engagements. Hier sind fünf konkrete und hochwirksame Wege, wie Sie den Tierschutz aktiv mitgestalten können:

  • Geldspenden: Der direkteste Weg. Tierheime haben laufende Kosten für Miete, Personal, Tierarztbesuche und Futter. Eine regelmäßige Spende, egal wie klein, schafft Planungssicherheit und ist oft die wertvollste Hilfe.
  • Sachspenden: Fragen Sie bei Ihrem lokalen Tierheim nach, was gebraucht wird. Oft sind es ganz alltägliche Dinge wie Decken, Handtücher, spezielles Futter für kranke Tiere, Spielzeug oder Reinigungsmittel.
  • Ehrenamtliche Mithilfe: Ihre Zeit ist ein kostbares Gut. Ob beim Gassigehen mit Hunden, dem Säubern der Gehege, bei administrativen Aufgaben oder der Organisation von Veranstaltungen – helfende Hände werden immer gesucht.
  • Eine Pflegestelle werden: Bieten Sie einem Tier ein Zuhause auf Zeit. Pflegestellen sind essenziell, um Welpen aufzuziehen, kranke Tiere gesund zu pflegen oder besonders schüchterne Tiere an ein Leben im Haus zu gewöhnen. Sie schaffen Platz im Tierheim für neue Notfälle.
  • Aufklärung und Teilen: Nutzen Sie Ihre Stimme. Teilen Sie die Vermittlungsanzeigen Ihres lokalen Tierheims in den sozialen Medien. Klären Sie Freunde und Familie über die Vorteile der Adoption und die Probleme des illegalen Welpenhandels auf. Sie werden zum wichtigen Multiplikator.

Jeder dieser Wege ist ein aktiver Beitrag und ein Statement. Sie zeigen, dass Ihnen das Schicksal dieser Tiere am Herzen liegt und dass Sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Tierschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und jedes engagierte Mitglied dieser Gemeinschaft zählt.

Die Mitleidsfalle: Woran Sie unseriösen Tierschutz und illegalen Welpenhandel erkennen

Der Wunsch, ein Tier zu retten, kann uns verletzlich machen. Skrupellose Händler und sogenannte „Vermehrer“ nutzen genau dieses Mitleid aus. Sie präsentieren kränklich wirkende Welpen unter dem Deckmantel des „Tierschutzes“, um schnelle Profite zu machen. Der Kauf eines solchen Tieres „rettet“ es nicht – er finanziert das System der Tierquälerei und schafft Platz für das nächste Opfer. Es ist von entscheidender Bedeutung, zwischen echtem, seriösem Tierschutz und der Mitleidsfalle des illegalen Tierhandels zu unterscheiden. Ihre Entscheidung hat die Macht, dieses grausame Geschäft zu stoppen oder zu befeuern.

Die Tiere aus diesen Quellen stammen oft aus katastrophalen Haltungsbedingungen, sind nicht sozialisiert, krank und von ihren Müttern viel zu früh getrennt worden. Die anfängliche Ersparnis gegenüber einem Züchter oder die scheinbar unbürokratische Abwicklung verwandelt sich schnell in einen Albtraum aus hohen Tierarztkosten und emotionalem Leid. Seriöser Tierschutz arbeitet transparent, stellt Fragen und stellt das Wohl des Tieres über alles.

Seien Sie wachsam und achten Sie auf die folgenden Warnsignale, die auf unseriöse Anbieter oder illegalen Welpenhandel hindeuten:

  • Übergabe an neutralen Orten: Ein Tier wird niemals auf einem Parkplatz, an einer Autobahnraststätte oder „aus dem Kofferraum heraus“ übergeben. Eine seriöse Vermittlung findet immer im Tierheim oder auf der Pflegestelle statt.
  • Kein Muttertier zu sehen: Besonders bei Welpen ist die Anwesenheit der Mutter unerlässlich. Ausreden wie „sie ist gerade Gassi“ sind ein klares Alarmsignal.
  • Fehlende Papiere oder Impfausweis: Jedes seriös vermittelte Tier hat einen Impfpass und, falls vorhanden, einen Chip. Fehlende oder gefälscht wirkende Dokumente sind verdächtig.
  • Druck zum schnellen Kauf: Seriöse Tierschützer wollen eine wohlüberlegte Entscheidung. Händler hingegen erzeugen Zeitdruck („Wenn Sie ihn nicht nehmen, nimmt ihn der Nächste“).
  • Große Auswahl verschiedener Rassen: Tierheime haben eine bunte Mischung, aber „Vermehrer“ bieten oft mehrere „Trendrassen“ gleichzeitig an. Dies deutet auf eine kommerzielle Zucht hin.

Wenn Ihnen ein Angebot verdächtig vorkommt, melden Sie es dem zuständigen Veterinäramt oder der Polizei. Ihre Wachsamkeit schützt nicht nur Sie selbst vor großem Leid, sondern kann auch das Leben vieler Tiere retten. Echter Tierschutz braucht keine zwielichtigen Methoden.

Züchter oder Tierheim? Eine objektive Entscheidungshilfe jenseits von Vorurteilen

Die Entscheidung zwischen einem Tier vom Züchter und einem aus dem Tierschutz sollte nicht von Vorurteilen, sondern von einer bewussten Abwägung der Fakten und Werte geleitet werden. Beide Wege haben ihre Berechtigung, doch sie bedienen unterschiedliche Bedürfnisse und haben fundamental andere gesellschaftliche Konsequenzen. Es geht nicht darum, den Züchter pauschal zu verdammen, sondern darum, den eigenen Platz in diesem System zu finden und eine kohärente Lebensentscheidung zu treffen, die zu den eigenen Werten passt.

Die Perspektive des Züchters: Ein seriöser, verantwortungsvoller Züchter, der einem anerkannten Verband angehört, investiert enorm viel Wissen, Zeit und Geld in seine Tiere. Der Hauptvorteil liegt in der Vorhersehbarkeit. Sie kennen die genetische Herkunft, die Elterntiere und können gesundheitliche Risiken besser einschätzen. Größe, Fellbeschaffenheit und grundlegende Charakterzüge sind relativ stabil. Dies kann für Menschen mit spezifischen Anforderungen (z.B. Allergiker, Hundesportler) oder für Ersthalter, die sich mehr Sicherheit wünschen, ein valides Argument sein. Der Kauf beim Züchter ist der Erwerb eines Tieres mit einer bekannten Geschichte und einem planbaren Potenzial.

Die Perspektive des Tierschutzes: Die Adoption aus dem Tierschutz ist, wie wir gesehen haben, ein Akt der systemischen Verantwortung. Anstatt die Nachfrage nach neuen Tieren zu erhöhen, übernehmen Sie Verantwortung für ein bereits existierendes Lebewesen. Der Hauptvorteil liegt in der ethischen und ökologischen Dimension. Sie geben nicht nur einem Tier eine zweite Chance, sondern entlasten aktiv ein überfordertes System. Die Vielfalt im Tierheim ist riesig – Sie finden dort Rassehunde, einzigartige Mischlinge, junge und alte Tiere. Die Mitarbeitenden kennen den Charakter der erwachsenen Tiere oft sehr gut und können eine viel genauere Einschätzung geben als bei einem acht Wochen alten Welpen. Die Adoption ist die Entscheidung für ein Individuum mit einer unbekannten Vergangenheit, aber einer gesicherten Zukunft, die Sie selbst gestalten.

Letztlich ist es eine philosophische Frage: Suche ich nach einem Tier, das meine spezifischen Vorstellungen erfüllt (Produktperspektive)? Oder suche ich nach einem Begleiter und bin bereit, mich auf ein Individuum einzulassen, das meine Hilfe braucht (Beziehungsperspektive)? Es gibt kein Richtig oder Falsch, nur eine ehrliche Antwort auf die Frage, welche Rolle man in diesem Ökosystem einnehmen möchte.

Keine zweite Wahl: Die überraschende Vielfalt und die wahren Schätze, die im Tierheim auf Sie warten

Eines der hartnäckigsten Vorurteile gegenüber Tierheimtieren ist die Annahme, es handele sich um „Restposten“ oder Tiere „zweiter Klasse“ mit irreparablen Schäden. Dieses Bild könnte nicht falscher sein. Die Gründe, warum Tiere im Tierheim landen, sind so vielfältig wie das Leben selbst: eine Trennung, ein Umzug, eine Allergie, ein Todesfall in der Familie oder schlichtweg Überforderung. Selten liegt der Grund beim Tier selbst. Die Tierheime sind keine Sammelstellen für Problemfälle, sondern Wartezimmer voller einzigartiger Persönlichkeiten.

Wer glaubt, im Tierheim nur alte und kranke Mischlinge zu finden, irrt gewaltig. Die Realität ist eine beeindruckende Vielfalt, die jeden Wunsch erfüllen kann. Sie finden dort:

  • Rassetiere: Vom Labrador über die Siamkatze bis zum Schäferhund – auch reinrassige Tiere verlieren ihr Zuhause und warten auf eine neue Chance.
  • Einzigartige Mischlinge: Jedes dieser Tiere ist ein Unikat, oft robuster und mit einem ganz besonderen Charme ausgestattet.
  • Welpen und Jungtiere: Ganze Würfe werden ausgesetzt oder abgegeben und wachsen unter der liebevollen Obhut der Tierheim-Mitarbeiter auf.
  • Senioren: Ältere Tiere sind oft die wahren Schätze. Sie sind meist ruhiger, stubenrein und unendlich dankbar für einen warmen Platz in ihren letzten Lebensjahren.
  • Tiere für jeden Lebensstil: Ob sportlicher Begleiter für lange Wanderungen, gemütliche Sofakatze für ruhige Abende oder verspielter Familienhund – die Mitarbeiter helfen Ihnen, den passenden Charakter zu finden.

Die Adoption eines erwachsenen Tieres hat zudem einen unschätzbaren Vorteil: Seine Persönlichkeit ist bereits gefestigt. Anders als bei einem Welpen, dessen Entwicklung unvorhersehbar ist, können die Pfleger Ihnen genau sagen, ob das Tier kinderlieb, verträglich mit Artgenossen oder eher ein Einzelgänger ist. Sie adoptieren keinen unbeschriebenes Blatt, sondern einen Charakter, eine Persönlichkeit, einen Freund. Die Entscheidung für ein Tierheimtier ist keine Lotterie, sondern eine Begegnung auf Augenhöhe.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Adoption eines Tieres aus dem Tierschutz ist eine aktive Entscheidung für ökologische Nachhaltigkeit, da sie den Ressourcenverbrauch im Vergleich zur Zucht deutlich reduziert.
  • Seriöse Tierheime in Deutschland folgen einem transparenten und professionellen Adoptionsprozess, der die bestmögliche Übereinstimmung von Mensch und Tier sicherstellt.
  • Tiere mit Vergangenheit bieten die Chance auf eine einzigartige, tiefe Bindung; die anfänglichen Herausforderungen werden durch unbezahlbares Glück und Dankbarkeit belohnt.

Volle Käfige, leere Kassen: Die wahren Gründe für die Krise der Tierheime und was wir wirklich tun müssen

Wir haben die ökologischen, praktischen und emotionalen Argumente für eine Adoption beleuchtet. Doch um die volle Tragweite dieser Entscheidung zu verstehen, müssen wir einen Schritt zurücktreten und das große Ganze betrachten: die systemische Krise der Tierheime in Deutschland. Die Käfige sind voll, die Kassen leer. Dies ist kein vorübergehendes Problem, sondern ein strukturelles Versagen, das durch eine Kombination aus unkontrollierter Vermehrung, dem Geschäft mit „Modetieren“ und einer Wegwerfmentalität befeuert wird. Die Tierheime stehen an vorderster Front und kämpfen täglich mit den Folgen gesellschaftlicher Fehlentwicklungen.

Die Flut an Tieren reißt nicht ab. Gleichzeitig explodieren die Kosten für Personal, Energie und vor allem für tierärztliche Behandlungen. Viele Einrichtungen arbeiten am Rande des finanziellen und personellen Kollapses. Sie sind nicht nur Auffangstationen, sondern erfüllen eine unverzichtbare gesellschaftliche Aufgabe – eine Aufgabe, für die sie kaum angemessene staatliche Unterstützung erhalten. Sie sind das soziale Netz für die Schwächsten unter den Tieren, und dieses Netz droht zu reißen.

Ihre Entscheidung für eine Adoption ist in diesem Kontext mehr als nur die Rettung eines Lebens. Es ist ein politisches Statement und ein direkter Eingriff in diesen Teufelskreis. Jedes adoptierte Tier schafft Platz für einen neuen Notfall. Jede gezahlte Schutzgebühr hilft, die nächste Tierarztrechnung zu bezahlen. Jeder, der sich bewusst gegen den Kauf beim Vermehrer oder aus dem Internet entscheidet, entzieht dem Markt der Skrupellosen die finanzielle Grundlage. Ihre Entscheidung sendet eine klare Botschaft: Wir fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebewesen.

Die Entscheidung für ein Tier ist eine der schönsten und folgenreichsten im Leben. Treffen Sie sie nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Verstand und Ihrem Gewissen. Informieren Sie sich bei Ihrem lokalen Tierschutzverein, lernen Sie die Tiere kennen und werden Sie Teil der Lösung, nicht des Problems.

Geschrieben von Markus Richter, Markus Richter arbeitet seit 12 Jahren im aktiven Tierschutz als Leiter eines mittelgroßen Tierheims und ist ein anerkannter Experte für die Themen Adoption und illegaler Welpenhandel. Seine Arbeit konzentriert sich auf die systemischen Ursachen von Tierleid und die gesellschaftliche Verantwortung.