
Die Überlastung der deutschen Tierheime ist kein Adoptionsproblem, sondern ein Symptom für tiefgreifendes Systemversagen, das durch einen unkontrollierten Nachschub an Tieren angetrieben wird.
- Die Hauptursachen sind fehlende bundesweite Kastrations- und Kennzeichnungspflichten, die zu einer Flut an ungewollten Tieren führen.
- Spontankäufe und unüberlegte Anschaffungen, verstärkt durch den „Corona-Boom“, führen zu massenhaften Abgaben bei den geringsten Schwierigkeiten.
Empfehlung: Die einzig nachhaltige Lösung ist nicht allein die Förderung von Adoptionen, sondern die politische Durchsetzung von Gesetzen zur Eindämmung der unkontrollierten Vermehrung und eine grundlegende Reform der Tierheimfinanzierung.
Die Bilder sind fast täglich in den Nachrichten zu sehen: überfüllte Zwinger, verzweifelte Pfleger und ein nicht enden wollender Strom an Tieren in Not. Die deutschen Tierheime stehen am Rande des Kollapses. Sofort schallen die bekannten Appelle durch die sozialen Medien: „Adopt, don’t shop!“ oder „Spendet für euer lokales Tierheim!“. Diese Aufrufe sind gut gemeint und im Einzelfall wichtig, doch sie kratzen nur an der Oberfläche eines Problems, das viel tiefer sitzt. Sie behandeln die Symptome, während die Krankheit ungehindert fortschreitet.
Die Wahrheit ist ernüchternd: Die Krise der Tierheime ist weniger ein Adoptionsproblem als vielmehr ein massives Nachschub-Problem. Wir können adoptieren, spenden und helfen, so viel wir wollen – solange der unkontrollierte Zustrom an Tieren nicht an seiner Quelle gestoppt wird, kämpfen wir einen aussichtslosen Kampf. Die chronische Überlastung ist kein Zufall und nicht allein auf die viel zitierten „Corona-Abgaben“ zurückzuführen. Sie ist das direkte Ergebnis eines strukturellen und politischen Versagens, das den Tierschutz seit Jahren systematisch ausbluten lässt.
Dieser Artikel blickt hinter die Kulissen der Tierheim-Krise. Er verlässt den Pfad der einfachen Appelle und deckt die systemischen Ursachen auf: von fehlenden gesetzlichen Regelungen über die fatalen Folgen des illegalen Welpenhandels bis hin zu einer Finanzierungsstruktur, die die engagiertesten Helfer im Stich lässt. Es ist an der Zeit, die Verantwortung dort zu suchen, wo sie hingehört – in der Politik und in einem System, das dringend reformiert werden muss. Nur so können wir von der reaktiven Schadensbegrenzung zu einer proaktiven, nachhaltigen Lösung kommen.
Um die Komplexität dieser Krise und die notwendigen Lösungsansätze vollständig zu verstehen, beleuchten wir in diesem Artikel die entscheidenden Aspekte. Von den Ursachen des unendlichen Nachschubs bis zu den konkreten Handlungsmöglichkeiten jenseits von Vorurteilen wird deutlich, wo die wahren Hebel für eine Veränderung liegen.
Inhaltsverzeichnis: Die systemischen Bruchstellen der Tierheim-Krise in Deutschland
- Der unendliche Nachschub: Warum eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht das Leid an der Wurzel packen würde
- „Wir müssen uns leider trennen“: Die häufigsten Abgabegründe und wie man sie von vornherein vermeidet
- Keine zweite Wahl: Die überraschende Vielfalt und die wahren Schätze, die im Tierheim auf Sie warten
- Wenn das Licht ausgeht: Der tägliche Überlebenskampf der Tierheime um Finanzen und Helfer
- Helden auf Zeit: Warum Pflegestellen die wichtigste Brücke in ein neues Leben sind
- Die Mitleidsfalle: Woran Sie unseriösen Tierschutz und illegalen Welpenhandel erkennen
- Züchter oder Tierheim? Eine objektive Entscheidungshilfe jenseits von Vorurteilen
- Die Welpen-Mafia: Einblicke in ein grausames Milliardengeschäft und wie Sie sich davor schützen
Der unendliche Nachschub: Warum eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht das Leid an der Wurzel packen würde
Die Hauptursache für die chronische Überfüllung der Tierheime ist ein fundamentales Problem der Angebotsseite: Es werden schlicht zu viele Tiere „produziert“. Solange dieser unkontrollierte Nachschub nicht gestoppt wird, ist jede andere Maßnahme nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine aktuelle Trendumfrage des Deutschen Tierschutzbundes zeichnet ein dramatisches Bild: Fast die Hälfte der deutschen Tierheime ist bereits voll oder übervoll, während nur 18 % noch über Kapazitäten verfügen. Diese Zahlen sind das direkte Resultat einer fehlenden politischen Regulierung.

Besonders dramatisch ist die Situation bei Katzen. Schätzungen zufolge leben in Deutschland Millionen von Streunerkatzen, die sich unkontrolliert vermehren und deren Nachwuchs, sofern er überlebt, die Tierheime flutet. Einzelne Kommunen haben zwar Kastrationspflichten erlassen, doch ein bundesweiter Flickenteppich reicht nicht aus. Es bedarf einer bundesweit einheitlichen Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für alle Freigängerkatzen. Dies ist der einzig wirksame strukturelle Hebel, um das Elend an der Wurzel zu packen und den endlosen Kreislauf aus Geburt, Leid und Tod auf der Straße zu durchbrechen.
Doch auch bei Hunden ist eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht überfällig. Sie würde nicht nur das Aussetzen von Tieren erschweren und die Rückführung entlaufener Tiere erleichtern, sondern auch den illegalen Welpenhandel empfindlich treffen. Die politische Verantwortung, diese einfachen, aber extrem wirksamen Gesetze zu erlassen, wird seit Jahren verschleppt. Die Konsequenz tragen die Tierheime und die Tiere.
„Wir müssen uns leider trennen“: Die häufigsten Abgabegründe und wie man sie von vornherein vermeidet
Neben dem Nachschub durch Streuner ist die Abgabe von Tieren durch ihre Besitzer die zweite große Quelle der Überfüllung. Die Gründe sind vielfältig, doch oft wurzeln sie in einer unüberlegten Anschaffung. Der sogenannte Corona-Haustierboom ist hierfür ein Paradebeispiel. Allein im Jahr 2020 führte der Wunsch nach einem tierischen Begleiter im Lockdown zu 1,6 Millionen mehr Hunden und Katzen in deutschen Haushalten. Doch als der Alltag zurückkehrte, wurden viele dieser Tiere zur Belastung. Zeitmangel, gestiegene Kosten oder Verhaltensprobleme aufgrund mangelnder Sozialisierung führten zu einer Welle von Abgaben.
Die häufigsten Abgabegründe sind jedoch ein Dauerbrenner und gehen über den Corona-Effekt hinaus:
- Veränderung der Lebensumstände: Umzug, Trennung, ein neuer Job oder die Geburt eines Kindes.
- Finanzielle Probleme: Steigende Tierarztkosten, Futterpreise und die allgemeine Inflation bringen viele Halter an ihre Grenzen.
- Zeit Mangel: Die Rückkehr ins Büro nach der Homeoffice-Phase hat vielen die Zeit für eine artgerechte Haltung genommen.
- Überforderung: Verhaltensprobleme des Tieres, die oft aus mangelnder Erziehung und Auslastung resultieren.
Die Vermeidung dieser Abgaben beginnt lange vor dem Kauf. Eine ehrliche und umfassende Selbstreflexion ist unerlässlich: Passt ein Tier wirklich in mein Leben – auch in 5, 10 oder 15 Jahren? Kann ich die Kosten tragen, auch wenn eine teure Operation anfällt? Wer kümmert sich im Urlaub oder Krankheitsfall? Solange der Kauf eines Tieres so einfach ist wie der einer Ware im Internet, wird das Problem der Spontankäufe und anschließenden Abgaben bestehen bleiben. Hier zeigt sich erneut ein Systemversagen: Es fehlt an verpflichtenden Beratungsgesprächen oder einem „Tier-Führerschein“, der sicherstellt, dass sich angehende Halter der vollen Verantwortung bewusst sind.
Fallbeispiel: Die Existenznot des Tierheims Oldenburg
Das Tierheim Oldenburg ist ein trauriges, aber repräsentatives Beispiel für die finanzielle Notlage, in der sich unzählige deutsche Tierheime befinden. Trotz explodierender Kosten für Energie und tierärztliche Versorgung sowie stetig steigender Tierzahlen bleibt eine adäquate finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand aus. Bei einem Besuch machte die Bundestierschutzbeauftragte Silvia Breher auf die existenzbedrohende Lage der Einrichtung aufmerksam und kritisierte, dass der Bund trotz der offensichtlichen Krise keine ausreichenden Mittel bereitstellt. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die Kommunen und der Bund die finanzielle Last, die aus unüberlegten Tieranschaffungen resultiert, auf die ehrenamtlich getragenen Tierschutzvereine abwälzen.
Keine zweite Wahl: Die überraschende Vielfalt und die wahren Schätze, die im Tierheim auf Sie warten
Ein hartnäckiges Vorurteil gegenüber Tierheimtieren ist, dass es sich dabei primär um „Problemfälle“ handelt – alte, kranke oder verhaltensauffällige Tiere. Dies ist ein fatales Missverständnis. Angesichts der Tatsache, dass der Deutsche Tierschutzbund berichtet, dass jährlich rund 350.000 Tiere in deutschen Tierheimen aufgenommen werden, ist die Vielfalt enorm. In den Zwingern und Gehegen wartet ein Querschnitt der gesamten Tierpopulation auf eine zweite Chance.
Man findet dort:
- Welpen und Jungtiere: Oft ausgesetzt oder aus „Ups-Würfen“ stammend, die im Tierheim liebevoll aufgezogen werden.
- Rassetiere: Vom reinrassigen Schäferhund bis zur Siamkatze – auch Tiere von Züchtern oder aus unüberlegten Rassekäufen landen im Tierschutz.
- Unkomplizierte Familienhunde: Perfekt sozialisierte Tiere, die ihr Zuhause unverschuldet verloren haben, etwa weil ihr Besitzer verstorben ist.
- Senioren: Ältere Tiere, die oft unglaublich dankbar, ruhig und an das Leben im Haus gewöhnt sind.
- Kleintiere: Kaninchen, Meerschweinchen, Vögel und Exoten, die oft vergessen werden, aber ebenso auf ein artgerechtes Zuhause hoffen.
Der entscheidende Vorteil eines Tierheimtieres ist die ehrliche Beratung. Die Pfleger kennen ihre Schützlinge genau – mit all ihren Eigenheiten, Vorlieben und Bedürfnissen. Sie können präzise einschätzen, ob ein Tier zu den Lebensumständen eines Interessenten passt. Diese Transparenz schützt vor bösen Überraschungen und ist ein unschätzbarer Wert im Vergleich zum oft geschönten Verkaufsgespräch bei einem Züchter oder Online-Händler. Ein Tier aus dem Tierheim zu adoptieren, bedeutet nicht, „zweite Wahl“ zu nehmen. Es bedeutet, einem Lebewesen eine verdiente zweite Chance zu geben und gleichzeitig ein System zu unterstützen, das auf Rettung und nicht auf Profit basiert.
Die Zahl der Menschen, die ihre Tiere loswerden wollen, scheint so hoch, wie nie zuvor.
– Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes
Wenn das Licht ausgeht: Der tägliche Überlebenskampf der Tierheime um Finanzen und Helfer
Während die Käfige immer voller werden, leeren sich die Kassen der Tierheime mit alarmierender Geschwindigkeit. Die Finanzierung des deutschen Tierschutzes ist ein strukturelles Desaster. Tierheime werden in der Regel von Tierschutzvereinen getragen und sind auf eine Mischung aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und kommunalen Zuschüssen angewiesen. Doch dieses Modell bricht unter der Last der aktuellen Krise zusammen. Die Kommunen sind gesetzlich für Fundtiere zuständig, zahlen aber oft nur unzureichende Pauschalen, die die realen Kosten bei weitem nicht decken.
Die Kostenexplosion der letzten Jahre hat die Lage dramatisch verschärft. Gestiegene Energiepreise für Heizung und Strom, höhere Mindestlöhne für das Personal und vor allem die explodierenden Tierarztkosten durch die neue Gebührenordnung (GOT) haben viele Heime an den Rand der Insolvenz gebracht. Sie sind gezwungen, Aufnahmestopps zu verhängen – nicht, weil kein Platz mehr da wäre, sondern weil das Geld fehlt, um ein weiteres Tier adäquat zu versorgen.

Diese finanzielle Notlage hat eine direkte menschliche Konsequenz: die extreme Belastung der Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer. Sie sind nicht nur mit dem täglichen Leid der Tiere konfrontiert, sondern auch mit dem permanenten Stress, nicht zu wissen, wie die nächste Rechnung bezahlt werden soll. Die physische und emotionale Erschöpfung führt zu einer hohen Fluktuation und Burnout-Raten. Das System Tierschutz wird auf dem Rücken von unterbezahlten oder unbezahlten Idealisten ausgetragen, während die Politik ihrer Verantwortung zur Sicherstellung einer soliden und bedarfsgerechten Finanzierung nicht nachkommt. Ohne eine grundlegende Reform des Finanzierungssystems, die die Kommunen zu einer kostendeckenden Erstattung verpflichtet, droht dem karitativen Tierschutz der Kollaps.
Helden auf Zeit: Warum Pflegestellen die wichtigste Brücke in ein neues Leben sind
Angesichts der dramatischen Überfüllung der Tierheime rückt eine oft übersehene Säule des Tierschutzes in den Fokus: die privaten Pflegestellen. Sie sind weit mehr als nur eine vorübergehende Unterbringung; sie sind ein entscheidender Rettungsanker und oft die wichtigste Brücke für ein Tier auf dem Weg in ein endgültiges Zuhause. Laut ZDF-Recherchen bleiben rund 100.000 Tiere jährlich unvermittelt in den Heimen zurück. Für viele von ihnen sind Pflegestellen die einzige Chance, dem stressigen Tierheimalltag zu entkommen.
Eine Pflegestelle bietet unschätzbare Vorteile, die ein Tierheim niemals leisten kann:
- Stressreduktion: In einem ruhigen, häuslichen Umfeld können traumatisierte, ängstliche oder gestresste Tiere zur Ruhe kommen und Vertrauen fassen.
- Individuelle Betreuung: Das Tier erhält die volle Aufmerksamkeit und kann gezielt an Verhaltensweisen oder im Umgang mit Alltagssituationen trainiert werden.
- Bessere Sozialisierung: Es lernt oder festigt das Leben in einer Familie, den Umgang mit Menschen, Kindern und möglicherweise anderen Haustieren.
- Genaue Charakterbeschreibung: Die Pflegestelle kann den Charakter des Tieres im Alltag beobachten und so eine viel präzisere Beschreibung für die spätere Vermittlung liefern.
Pflegestellen sind somit keine Konkurrenz, sondern ein lebenswichtiges Entlastungsventil für die Tierheime. Sie schaffen dringend benötigte Plätze für neue Notfälle und bereiten Tiere optimal auf ihr „Für-Immer-Zuhause“ vor. Für Menschen, die sich nicht lebenslang binden können oder wollen, aber dennoch helfen möchten, ist die Tätigkeit als Pflegestelle eine unglaublich wertvolle und erfüllende Aufgabe. Sie sind die stillen Helden, die im Hintergrund die Lücken füllen, die das überlastete System hinterlässt.
Ihr Aktionsplan: Wie Sie Tierheime wirksam unterstützen
- Informations-Analyse: Kontaktieren Sie Ihr lokales Tierheim und fragen Sie gezielt nach dem wahren Bedarf. Geht es um Geldspenden, Futter, ehrenamtliche Gassigänger oder dringend gesuchte Pflegestellen für bestimmte Tierarten?
- Ressourcen-Inventur: Bewerten Sie ehrlich Ihre eigenen Möglichkeiten. Haben Sie wirklich die Zeit für einen Hund, den Platz für eine Pflegestelle, die finanziellen Mittel für eine Patenschaft oder vielleicht berufliche Fähigkeiten (Handwerk, IT, Marketing), die dem Heim helfen könnten?
- Realitäts-Check: Konfrontieren Sie die romantische Vorstellung mit der Realität. Sind Sie bereit, sich mit einem traumatisierten Tier, das vielleicht nicht stubenrein ist oder bellt, auseinanderzusetzen? Informieren Sie sich über die potenziellen Herausforderungen.
- Kompetenz-Aufbau: Bevor Sie Hilfe anbieten, bilden Sie sich fort. Lesen Sie Fachliteratur, besuchen Sie Seminare oder sprechen Sie mit erfahrenen Tierschützern, um auf die Aufgabe – insbesondere als Pflegestelle – gut vorbereitet zu sein.
- Verbindlichkeits-Plan: Entscheiden Sie sich für eine konkrete, zuverlässige Form der Hilfe. Eine kleine, aber regelmäßige Spende oder ein fester wöchentlicher Gassigeh-Termin ist für ein Tierheim oft wertvoller als eine große, einmalige und unzuverlässige Geste.
Die Mitleidsfalle: Woran Sie unseriösen Tierschutz und illegalen Welpenhandel erkennen
Wo eine hohe Nachfrage auf ein begrenztes (legales) Angebot trifft, blüht der Schwarzmarkt. Der illegale Welpenhandel ist ein grausames Milliardengeschäft, das direkt zur Krise der Tierheime beiträgt. Kriminelle Händler nutzen Online-Plattformen, um massenhaft billig produzierte Welpen anzubieten. PETA dokumentiert erschreckende Zahlen, wonach in Deutschland über 45.000 Hunde aktuell online zum Verkauf angeboten werden, darunter mehr als 21.000 Welpen. Ein Großteil davon stammt aus dubiosen Quellen.
Diese Händler operieren mit einer perfiden Masche: der Mitleidsfalle. Sie präsentieren die viel zu jungen, oft kranken Welpen in einem erbärmlichen Zustand, um bei potenziellen Käufern den „Retter-Instinkt“ zu wecken. Doch wer hier aus Mitleid kauft, rettet kein Tier. Im Gegenteil: Jeder Kauf schafft Platz für den nächsten Welpen und hält das grausame System der „Vermehrerfarmen“ am Laufen. Die Muttertiere werden unter katastrophalen Bedingungen als reine Gebärmaschinen missbraucht.
Achten Sie auf diese klaren Warnsignale für unseriösen Handel:
- Das Tier wird an einem neutralen Ort (z. B. Parkplatz) oder direkt aus dem Auto heraus übergeben.
- Sie dürfen das Muttertier und die Umgebung, in der der Welpe aufgewachsen ist, nicht sehen.
- Der Verkäufer hat mehrere verschiedene Rassen im Angebot.
- Der Welpe ist jünger als acht Wochen und wirkt apathisch, krank oder ungepflegt.
- Es wird Druck aufgebaut („Wenn Sie ihn nicht nehmen, nimmt ihn sofort ein anderer!“).
- Der „Impfpass“ ist gefälscht oder stammt aus dem Ausland, die Papiere sind unvollständig.
Fallbeispiel: Der Brandbrief der Tierheime
Die Verzweiflung im deutschen Tierschutz erreichte im Sommer 2023 einen traurigen Höhepunkt. In einem Brandbrief an die Bundesregierung schrieben verschiedene Tierheime: „Wir haben gemahnt, appelliert, aufgefangen und jetzt brechen wir unter der Last der in Not geratenen Tiere zusammen“. Dieser Hilfeschrei ist nicht nur ein Beweis für das finanzielle und personelle Ausbluten der Einrichtungen, sondern auch ein Symptom des Marktes, den sie nicht kontrollieren können. Während seriöse Tierheime unter der Last zusammenbrechen, machen illegale Händler das Geschäft ihres Lebens – oft mit den gleichen Rassen, die im Tierheim auf ein Zuhause warten.
Züchter oder Tierheim? Eine objektive Entscheidungshilfe jenseits von Vorurteilen
Die Entscheidung, woher das neue Familienmitglied kommen soll, ist eine der wichtigsten Weichenstellungen – für das Tier, für den eigenen Geldbeutel und für das gesamte Tierschutzsystem. Oft wird diese Frage emotional oder von Vorurteilen geleitet diskutiert. Ein objektiver Vergleich der Fakten hilft, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Dabei geht es nicht darum, verantwortungsvolle Züchter pauschal zu verurteilen, sondern die systemischen Konsequenzen der jeweiligen Wahl aufzuzeigen.
| Kriterium | Tierheim | Züchter |
|---|---|---|
| Kosten | 100-300€ Schutzgebühr | 500-3000€ Kaufpreis |
| Gesundheitscheck | Vollständig durchgeführt (geimpft, gechipt, oft kastriert) | Variabel, oft nur Grundimmunisierung |
| Beratung | Intensiv und ehrlich, basierend auf Tierbeobachtung | Oft verkaufsorientiert, beschreibt den Rassestandard |
| Wartezeit | Sofort bis wenige Wochen | Oft monatelange Warteliste |
Die Schutzgebühr im Tierheim deckt nur einen Bruchteil der realen Kosten, die für die Versorgung, Impfung, Kastration und medizinische Behandlung des Tieres angefallen sind. Sie ist ein symbolischer Beitrag und stellt sicher, dass die Anschaffung überlegt erfolgt. Demgegenüber steht der Kaufpreis beim Züchter, der nicht nur die Aufzucht, sondern auch den Profit des Züchters beinhaltet. Die Beratung im Tierheim zielt auf das Wohl des Tieres und eine erfolgreiche, langfristige Vermittlung ab. Ein Züchter hingegen verkauft ein Produkt und hat ein wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts.
Letztlich ist die Entscheidung auch eine ethische. Jede Adoption eines Tierheimtieres rettet zwei Leben: das des adoptierten Tieres und das des Tieres, das nun seinen Platz im Tierheim einnehmen kann. Jeder Kauf bei einem Züchter hingegen befeuert die Produktion neuer Tiere, während in den Heimen Tausende auf eine Chance warten.
Wer den karitativen Tierschutz ausbluten lässt und zulässt, dass sich jeder spontan ein Tier kaufen kann, trägt Mitschuld daran, dass die Tierheime am Limit sind.
– Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes
Das Wichtigste in Kürze
- Die Krise der Tierheime ist primär ein Nachschub- und kein Adoptionsproblem. Die Wurzel ist die unkontrollierte Vermehrung.
- Der wirksamste strukturelle Hebel ist eine bundesweite Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Haustiere.
- Die Finanzierung der Tierheime ist systemisch fehlerhaft und muss dringend reformiert werden, um eine kostendeckende Versorgung zu gewährleisten.
Die Welpen-Mafia: Einblicke in ein grausames Milliardengeschäft und wie Sie sich davor schützen
Der illegale Welpenhandel, oft als „Welpen-Mafia“ bezeichnet, ist die dunkelste Facette des Systemversagens im Tierschutz. Es handelt sich um ein hochorganisiertes, internationales Verbrechen, das auf zwei Säulen ruht: maximale Grausamkeit gegenüber Tieren und maximale Ausbeutung der Gutgläubigkeit von Käufern. Die Welpen werden unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in „Vermehrerstationen“ in Osteuropa produziert, viel zu früh vom Muttertier getrennt und quer durch Europa transportiert, um sie auf Online-Portalen zu verramschen.
Die gesundheitlichen Folgen für die Tiere sind verheerend. PETA warnt eindringlich davor, dass die meisten illegal verkauften Welpen weder geimpft noch entwurmt sind und oft an Krankheiten wie Parvovirose leiden. Viele von ihnen sterben qualvoll kurz nach der Ankunft im neuen „Zuhause“. Für die Käufer beginnt damit ein Albtraum. Die anfängliche Freude weicht schnell dem Schock über horrende Tierarztkosten, die den günstigen Kaufpreis oft um ein Vielfaches übersteigen. Am Ende stehen nicht selten der Tod des Welpen und traumatisierte Besitzer, die das kranke Tier, falls es überlebt, schließlich im Tierheim abgeben – und so die Krise weiter befeuern.
Fallbeispiel: Illegale Tierverbringungen in München
Die Praxis des illegalen Handels ist kein abstraktes Problem. Das Veterinäramt München stellte allein im Jahr 2020 insgesamt 33 illegale Tierverbringungen mit 45 Tieren fest. Ein konkretes Beispiel aus einem Bericht des Tagesspiegels macht das Leid greifbar: Ein in Polen gekaufter Welpe erkrankte bereits einen Tag nach dem Kauf schwer. Die Tierarztrechnung belief sich auf 1000 Euro. Überfordert mit der Situation und den Kosten, gaben die Besitzer das Tier schließlich im ohnehin schon überfüllten Tierheim ab. Dieser Fall zeigt exemplarisch den Teufelskreis aus illegalem Kauf, immensem Leid und der finalen Belastung des Tierschutzes.
Der wirksamste Schutz vor diesem Betrug ist Aufklärung und ein absoluter Boykott dieser Vertriebskanäle. Kaufen Sie niemals ein Tier aus dem Internet, vom Parkplatz oder wenn Sie das Umfeld und das Muttertier nicht sehen können. Jeder Cent, der in dieses System fließt, finanziert unermessliches Tierleid.
Die Analyse der Tierheim-Krise zeigt klar: Individuelles Engagement ist wichtig, aber es wird wirkungslos bleiben, wenn die Politik nicht endlich die strukturellen Rahmenbedingungen ändert. Fordern Sie von Ihren politischen Vertretern auf lokaler und Bundesebene konkrete Maßnahmen: eine bundesweite Kastrations- und Kennzeichnungspflicht, ein härteres Vorgehen gegen den illegalen Tierhandel und eine nachhaltige, bedarfsgerechte Finanzierung der Tierheime. Ihre Stimme als Bürger ist der stärkste Hebel, um dieses kaputte System zu heilen.